Montag, 5. September 2016

Rezension | "Zwei Sekunden" von Christian v. Ditfurth

carl's books | Broschiert | 464 Seiten | 8. August 2016 | 978-3570585672

"Zwei Sekunden. Dann war alles anders. Später würden die Leute die Zeit teilen. Vor dem Ereignis und nach dem Ereignis." // Seite 7
 
Terroranschlag beim Staatsbesuch in Berlin. Nur um zwei Sekunden verpasst die Bombe die deutsche Bundeskanzlerin und den russischen Präsidenten. Die Russen behaupten, dass tschetschenische Terroristen hinter dem Anschlag stecken – doch eine Bekennerbotschaft gibt es nicht. Verfassungsschutz, Bundeskriminalamt und Berliner Polizei tappen im Dunkeln. Öffentlichkeit und Politik fordern Ergebnisse. Der Druck wächst. Widerwillig akzeptiert das BKA, dass Hauptkommissar Eugen de Bodt eigene Ermittlungen anstellt. Vor allem in höheren Polizeikreisen ist de Bodt unbeliebt bis verhasst. Doch will sich niemand nachsagen lassen, nicht alles unternommen zu haben. De Bodt und seine Mitarbeiter suchen verzweifelt eine Spur zu den Tätern. Aber erst, als er alle Gewissheiten in Frage stellt, bekommt de Bodt eine Idee, wer die Drahtzieher sein könnten. Doch um sie zu entlarven, muss er mehr einsetzen, als ihm lieb ist: das eigene Leben. 

 
Zwei Sekunden war der erste Politthriller, den ich gelesen habe, deswegen fiel mir die Bewertung des Buches auch nicht ganz so leicht. Im Großen und Ganzen ist das Werk von Christian v. Ditfurth ein gelungener Thriller, der aus verschiedenen Handlungssträngen besteht und somit auch einiges an Spannung verspricht. Da ist zum Beispiel der ständtige Konkurrenzkampf zwischen zwei Kollegen bei der Polizei, eine unterschwellige Liebesbeziehung, Anschläge, Ermordungen und Ermittlungen auf deutscher und russischer Seite; jedoch nicht immer ganz so legal.

Man merkt, dass der Autor Ahnung vom Fach hat, sich mit der Materie beschäftigt und gut recherchiert hat, Details einfließen lässt, die sein Buch auch authentisch wirken lassen. Außerdem habe ich auch gemerkt, dass er Ahnung vom Schreiben hat; der Spannungsaufbau, ein wahnsinnig komplizierter, gut durchdachter Fall, eine sinnvolle und logische Erklärung, ein rundes Ende.

Doch trotzdem konnte mich das Buch nicht zu hundert Prozent überzeugen und mitreißen. Im Mittelteil hatte ich bezüglich Spannung und dem typischen Mitfiebern, wer denn nun der Täter ist, eine kleine Durststrecke. Das lag zum einen daran, dass die Sicht der Geschichte pro Kapitel wechselt. Man erlebt den Plot somit aus verschiedenen Perspektiven, was die Story auf den ersten Blick interessanter wirken lässt, aber einen soliden, gut strukturierten Fall wie Kaugummi zieht. Spannung war auf einmal keine mehr da; ich hatte das Gefühl, ich könnte Seiten überblättern, ohne viel zu verpassen. Vor allem die Kapitel aus Kürgers Sicht – einer der beiden Kollegen, die im ständigen Kampf liegen – haben wenig inhaltliches beigetragen, da sie grundsätzlich nur aus Beschwerden über den Hauptkommissar und Hasstiraden bestehen.

Zum anderen hatte ich es in den 464 Seiten kaum geschafft, einen Bezug zu den Charakteren zu finden. Der Hauptprotagonist – Hauptkomissar De Bodt – ist meiner Meinung nach mehr als nur überzeichnet: Er weiß alles, kann alles, ermittelt alleine, löst den Fall alleine, plant wichtige Aktionen alleine und kommt auch mit allem durch; egal ob illegale Aktionen oder ob er gegen sämtliche Dienstvorschriften verstößt. Ein einziger Kommissar löst also ganz alleine eine Anschlagsserie auf die Bundesrepublik Deutschland? Auch das kam mir mehr als suspekt vor. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass das realitätsnah dargestellt ist.

Dann sind da noch sein Gegenspieler Krüger (s.o.), seine Kollegin Salinger, in die De Bodt verliebt ist, sein Kollege Yussuf, der zu allem und jedem Kontakt hat und somit jede benötige Ressource zur Verfügung stellen kann; sowie die russischen Ermittler Merkov und Katt, die auf Mörderzug durch Berlin gehen und versuchen herauszufinden, inwieweit der Anschlag sich auf den russischen Präsidenten beziehen lässt. Das alles im Ganzen gesehen war mir einfach too much, zu konstruiert, zu trivial und letzten Endes auch zu abwegig.

Der Schreibstil, ebenso wie der Aufbau des Buches haben mir sehr gut gefallen. Christian v. Ditfurth schreibt sehr viele kurze, abgehakte Sätze, was man sicherlich nicht jeder mag; ich mochte es jedoch sehr. Auch die kurzen Kapitel fand ich super gewählt. Zwar wechselt dadurch ständig die Perspektive, aus der die Geschichte erzählt wird, aber ich mag kurze Kapitel. Sie regen zum Weiterlesen an.

Von der Covergestaltung hätte ich mir etwas mehr erhofft. Ich finde das Cover nicht besonders ansprechend. Hätte ich das Buch im Laden entdeckt, wäre ich mit Sicherheit daran vorbeigelaufen. Erst der Klappentext konnte mich zum näheren Hinsehen bringen.
 
 
Zwei Sekunden behandelt ein hochaktuelles und leider auch sehr beängstigendes Thema: Terror in Deutschland. Das hat mich auf das Buch aufmerksam werden lassen. Auch wenn ich das Thema sehr interessant fand, schwächelt dieses Werk meiner Meinung nach in der Ausführung und bei den Charakteren. Wer allerdings keinen großen Wert auf logische Zusammenhänge legt, sondern einfach nur unterhalten werden möchte, und wer mit vielen verschiedenen Charakteren kein Problem hat, dem kann ich dieses Buch voll und ganz empfehlen.



 

"Die Welt, die sie kannten, begann sich vor ihren Augen aufzulösen. Was sollte werden, wenn Leute, deren Ziele niemand verstand, einfach andere Leute umbrachten?" // Seite 16


"Heutzutage was es egal, ob man gut oder schlecht war. Wenn man an den falschen Gott glaubte, war man fällig." // Seite 127

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Habt ihr Zwei Sekunden schon gelesen?
Interessiert euch das Buch?
Ich wünsche euch einen schönen Wochenstart!

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2 Kommentare:

  1. Huhu,

    das Buch liegt auch noch auf meinem SuB und ich bin schon ganz gespannt. Schade, dass es dich nicht ganz überzeugen konnte. Politthriller gefallen mir eigentlich immer ganz gut :)

    Liebe Grüße
    Jasmin

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    Antworten
    1. Hallo Jasmin,

      dann wünsche ich dir viel Lesevergnügen mit dem Buch :) Vielen anderen hat es ja gefallen und es hat teilweise top Bewertungen. Wenn du magst, kannst du ja erzählen, wie du es fandest.

      Liebste Grüße
      Julia

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